Canneseries 2025: „A Better Man“ triumphiert als beste Serie des Jahres

Die Dramaserie A Better Man, eine norwegisch-deutsche Koproduktion von ZDFneo und NRK, hat beim renommierten Serienfestival Canneseries in drei bedeutenden Kategorien abgeräumt: Best Series, Best Performance und den begehrten High School Award. Damit setzt sich die vierteilige Produktion nicht nur gegen starke internationale Konkurrenz durch, sondern erhält auch Anerkennung für ihre herausragende gesellschaftskritische Tiefe und emotionale Wucht. Die Serie wird gegen Ende des Jahres 2025 auf ZDFneo sowie in der ZDFmediathek zu sehen sein.

Besonders hervorgehoben wurde die schauspielerische Leistung von Anders Baasmo, der in der Rolle des Tom Hallensten eine vielschichtige Wandlung vom anonymen Online-Hater zur verletzlichen öffentlichen Figur durchlebt. Der Cannes-Hauptpreis bedeutet für ZDFneo erneut einen wichtigen Qualitätssiegel auf internationalem Terrain und unterstreicht die Relevanz mutiger, komplexer Serienformate im europäischen Fernsehen.

Eine tiefgreifende Geschichte über Hass, Identität und Verantwortung

A Better Man erzählt die verstörende und gleichzeitig berührende Geschichte eines Mannes, der sich durch seinen anonymen Hass im Netz selbst in den Abgrund stürzt. Tom Hallensten lebt zurückgezogen, gefrustet und voller unterdrückter Wut – bis er beginnt, die feministische Comedienne Live Stensvaag im Internet zu bedrohen. Was als digitaler Angriff beginnt, entfaltet schnell reale Konsequenzen: Ein Team um die Aktivistin Heidi enttarnt ihn, und seine Identität wird öffentlich gemacht. Der Shitstorm, der sich daraufhin über ihn ergießt, ist gewaltig und bringt Morddrohungen mit sich.

Die Serie beleuchtet eindringlich, was passiert, wenn Täter zu Opfern werden, und wie fragil das Selbstbild des modernen Menschen in digitalen Zeiten ist. Dabei stellt sie fundamentale Fragen zur Rolle der Öffentlichkeit, zu Schuld und Reue sowie zur Kraft von Empathie – ohne einfache Antworten zu liefern. Besonders eindrucksvoll ist die Wandlung Toms, der nur noch in Frauenkleidung unter dem Namen „Brenda“ das Haus verlässt – ein Versuch, sich neu zu erfinden und dem Hass zu entkommen.

Gesellschaftskritik auf hohem Niveau

Mit A Better Man gelingt es den Machern, eine scharfe, aber auch zutiefst menschliche Reflexion über den digitalen Zeitgeist zu schaffen. Der Regisseur und Drehbuchautor Thomas Seeberg Torjussen wirft einen ungeschönten Blick auf die toxischen Dynamiken sozialer Medien und zeigt, wie aus Worten Waffen werden können. Die Serie ist mehr als ein Drama – sie ist ein Kommentar auf den gesellschaftlichen Zustand in Zeiten von Anonymität, Polarisierung und öffentlicher Ächtung.

Dabei verzichtet die Inszenierung bewusst auf moralische Einteilungen in Gut und Böse. Vielmehr wird das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Täter, Opfer und Öffentlichkeit feinfühlig aufgefächert. Die Figur der Brenda bietet dabei einen ungewohnten Hoffnungsschimmer – aber auch einen Spiegel, wie schwer es ist, sich wirklich zu ändern oder eine zweite Chance zu bekommen.

Eine starke europäische Koproduktion

Die Serie wurde von Maipo Film produziert, in enger Zusammenarbeit mit ZDFneo und dem norwegischen Sender NRK. Für die Produktion zeichneten Synnøve Hørsdal und Kifrik Martin verantwortlich, während die ZDF-Redaktion von Maik Platzen geleitet wurde. Koordiniert wurde das Projekt seitens ZDFneo durch Carina Bernd. Für den weltweiten Vertrieb ist Beta Film zuständig – ein Garant dafür, dass die Serie international ihre Wirkung entfalten kann.

Diese Zusammenarbeit ist ein weiteres Beispiel für die Stärke europäischer Koproduktionen, die inhaltlich wie produktionstechnisch auf Augenhöhe mit internationalen Streaming-Giganten agieren können. Mit A Better Man wird eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie relevant und zukunftsfähig öffentlich-rechtlicher Content auch über nationale Grenzen hinaus sein kann.

Authentisches Schauspiel auf höchstem Niveau

Anders Baasmo liefert in der Rolle des Tom/Brenda eine der intensivsten Leistungen seiner Karriere ab. Die Mischung aus Verzweiflung, Angst, innerem Konflikt und der zaghaften Hoffnung auf einen Neuanfang wird von ihm mit großer Tiefe dargestellt. Auch Ingrid Giæver überzeugt als Live Stensvaag – eine starke, verletzliche Figur, die mit Anstand und Mut auf die Bedrohungen reagiert.

Diese emotionale Aufladung trägt entscheidend dazu bei, dass sich das Publikum nicht distanziert, sondern tief in das Geschehen hineingezogen fühlt. Die Rollen sind glaubwürdig geschrieben und hervorragend besetzt, was dem Format seine nachhaltige Wirkung verleiht. Die Jury des Canneseries-Festivals betonte, wie sehr die Darstellerleistung die Serie zu einem besonderen Erlebnis mache.

Eine Bildsprache, die unter die Haut geht

Visuell überzeugt A Better Man durch eine dichte, symbolisch aufgeladene Bildsprache. Die Kameraarbeit ist zurückhaltend und doch intensiv, oft nah an den Figuren und ihren Emotionen. Die Regie nimmt sich Zeit für leise Momente, in denen Blicke, Bewegungen oder Pausen mehr sagen als Worte. Das schafft eine Atmosphäre der Unmittelbarkeit und Verstörung.

Besonders eindrucksvoll ist der Kontrast zwischen der kalten Anonymität der digitalen Welt und der grellen Realität, in der Tom/Brenda sich behaupten muss. Die Farbpalette ist bewusst reduziert gehalten, unterstützt durch gezielt eingesetzten Soundtrack, der die emotionale Tiefe der Szenen noch verstärkt. Die visuelle Umsetzung ist ein weiterer Grund, warum die Serie internationales Lob geerntet hat.

Ein mutiger Beitrag zur Debatte über digitale Verantwortung

Die Serie trifft den Nerv der Zeit, in der Hasskommentare, digitale Bloßstellung und die Suche nach Identität eng miteinander verknüpft sind. A Better Man zwingt das Publikum zur Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir miteinander im Netz umgehen und welche Verantwortung jeder Einzelne für sein Verhalten trägt – online wie offline.

Dabei setzt die Serie nicht auf einfache Antworten, sondern öffnet den Raum für Diskussionen. Was bedeutet Reue? Gibt es einen Weg zurück, wenn man anderen Schaden zugefügt hat? Und wie weit reicht gesellschaftliche Verantwortung, wenn der Täter selbst Opfer wird? All diese Fragen machen die Serie zu einem gesellschaftspolitisch relevanten Ereignis.

Zentrale Themen in „A Better Man“

  • Hassrede und digitale Gewalt
  • Identitätsverlust und Selbstfindung
  • Öffentliches Anprangern und Cancel Culture
  • Täter-Opfer-Dynamiken
  • Geschlechterrollen und Verkleidung
  • Zweite Chancen im Leben
  • Medienethik und gesellschaftliche Verantwortung
  • Die Rolle von Aktivismus in der digitalen Welt

Schreibe einen Kommentar