Der 15. Platz Deutschlands beim Eurovision Song Contest 2025 hat erneut Diskussionen über die strategische Ausrichtung des deutschen Beitrags ausgelöst. Trotz der ambitionierten Kooperation zwischen ARD und RTL sowie der Rückkehr von Stefan Raab als Chefjuror blieb der erhoffte Erfolg aus. Die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl hatte im Vorfeld betont, dass nur ein Sieg die Zusammenarbeit rechtfertige. Nach dem enttäuschenden Ergebnis stellt sich nun die Frage, wie es weitergehen soll.
Parallel dazu wurde bekannt gegeben, dass der Südwestrundfunk (SWR) ab 2026 die Verantwortung für den ESC übernehmen wird. Diese strukturelle Veränderung soll frischen Wind in die deutsche ESC-Strategie bringen. Der SWR plant, den Wettbewerb mit Kreativität und Innovation neu zu gestalten. Es bleibt abzuwarten, ob und wie Stefan Raab in dieses neue Konzept eingebunden wird.
Die Rolle von Stefan Raab Bleibt Offen
Nach dem Ergebnis übernahm Raab öffentlich die Verantwortung. Er verteidigte seine Strategie: Solange kein Gegenbeweis vorliegt, müsse man mit der Absicht antreten, zu gewinnen. Alles andere sei bedeutungslos. Doch wie es mit Raabs ESC-Rolle weitergeht, ist derzeit unklar.
Seit Jahrzehnten gilt Raab als glühender ESC-Fan. Sein Ehrgeiz ist bekannt, sein Einfluss groß. Dennoch hängt sein Verbleib in der deutschen ESC-Strategie stark vom öffentlich-rechtlichen Kurswechsel ab, der sich bereits abzeichnet.
Ein Senderwechsel Steht Bevor
Der federführende Sender für den ESC in Deutschland wechselt: Ab 2026 wird der SWR die Verantwortung übernehmen, die bislang beim NDR lag. Der Sender bestätigte bereits, dass die Konzeptionsphase begonnen hat. Man arbeite an neuen Ideen, wolle den ESC kreativ und innovativ gestalten.
Konkrete Details zur Planung gibt es noch nicht. Auch zu finanziellen Fragen äußert sich der SWR zurückhaltend. Man habe intern umgeschichtet, hieß es lediglich – und wolle mit anderen ARD-Häusern kooperieren. Der finanzielle Aufwand des ESC sei hoch, aber öffentlich bleiben die Summen vage.
RTL und Raab: ein Auslaufendes Modell?
Ob der SWR in seinem ersten ESC-Jahr mit Raab und RTL zusammenarbeiten möchte, ist fraglich. Zwar sorgten die Vorentscheid-Shows für gute Einschaltquoten, doch das neue Konzept der „Chefsache“ wird von manchen als zu raab-zentriert empfunden.
RTL äußerte sich auf Nachfrage von t-online nicht zu künftigen ESC-Plänen. Doch es ist denkbar, dass der Sender an Raab festhält – allein schon wegen des Exklusivvertrags und der bisherigen Reichweite. Denn trotz des schlechten Abschneidens war das Interesse am ESC in Deutschland 2025 so hoch wie lange nicht.
Starke Einschaltquoten und Wachsendes Interesse
Mit 9,13 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern am Samstagabend war der ESC ein voller Quotenerfolg – der erfolgreichste seit 14 Jahren. Strobl sprach von einem Beweis, dass die Allianz aus ARD, RTL und Raab neue Zielgruppen erreicht habe.
Auch abseits des Wettbewerbs wurde über das Duo Abor & Tynna viel gesprochen. Der Hype war real, auch wenn die Platzierung das nicht widerspiegelt. Das Interesse an Musik, Performance und dem öffentlichen Diskurs war enorm – ein Punkt, der für die ARD in der Bilanz zählt.
Die Zentrale Figur Strobl
Christine Strobl gilt aktuell als zentrale Entscheidungsträgerin rund um den ESC. Ihre Reformen innerhalb der ARD betreffen nicht nur den ESC, sondern auch andere zentrale Programmbereiche. Die geplante Verlängerung der Tagesschau sorgte ebenso für Diskussionen wie ihr Umgang mit Budgetfragen.
Ein Branchenportal sprach gar von einem „Kamikaze-Plan“, mit dem Strobl kurzfristig Macht demonstriere. Klar ist: Sie will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk effizienter, schlagkräftiger und zukunftsfähiger aufstellen. Der ESC ist dabei ein wichtiger Baustein im Unterhaltungssegment.
Strukturwandel durch Kompetenzzentren
Die ARD bündelt intern zunehmend Aufgaben in sogenannten Kompetenzzentren. Damit sollen Ressourcen gespart und Expertise gestärkt werden. Der ESC könnte künftig stärker zentralisiert geplant werden – mit mehr Fokus, aber auch weniger individueller Freiheit.
Ob das für kreative Formate wie den ESC funktioniert, bleibt abzuwarten. In jedem Fall endet mit dem NDR eine Ära, und der SWR steht unter Druck, frische Impulse zu liefern. Die Erwartung: Weniger Verwaltungsdenken, mehr Vision.
Ein Schmaler Grat Zwischen Hype und Enttäuschung
Der ESC 2025 zeigt, wie nah Begeisterung und Ernüchterung beieinanderliegen. Der mediale Hype war beispiellos – doch der Wettbewerb endete ohne Erfolg. Das zeigt, wie stark Erwartung und Realität auseinanderdriften können.
Die öffentliche Debatte über Verantwortlichkeiten und Strategien dürfte noch lange andauern. Ob Strobls mutiger Kurs langfristig Früchte trägt oder am Druck der Erwartungen zerbricht, wird sich spätestens 2026 zeigen.